Chronik

Wann genau die Gründung der Bürgermusikkapelle erfolgte, lässt sich nicht feststellen. Als offizielles Gründungsjahr gilt 1848. Sicher ist, dass im Jahr 1848 der Kapellmeister Otto Josef Wintermayr (geb. 1817) der „Kapelle der Bürgergarde Mondsee“ den Nationalgardemarsch widmete. Aufgrund aufliegender handschriftlicher Aufzeichnungen war O. J. Wintermayr aber bereits vor 1848 Kapellmeister der Bürgergardekapelle Mondsee. Die Bürgermusikkapelle ist also aus der Kapelle der Bürgergarde Mondsee hervorgegangen. Betrachtet man allerdings die Geschichte dieser Bürgergarde näher, so stellt man fest, dass die Wurzeln des Klangkörpers zumindest bis in das Jahr 1701 zurückreichen.

Jungmusiker um 1900

Jungmusiker der Bürgermusik Mondsee um 1900

 

Am Anfang war die Flinte und das Bajonett

Die Geschichte der Bürgermusikkapelle ist eng mit ihrer Uniform verbunden. Bis zur letzten Neuuniformierung 2002 bestand die Uniform der Bürgermusikkapelle aus einem schlichten grünen Trachtenrock und einer schwarzen Hose. Außenstehende wunderten sich oft darüber, dass das offizielle Gewand der Bürgermusikkapelle in Musikerkreisen seit jeher als Uniform und nicht, was eigentlich näher läge, als Tracht bezeichnet wurde. Diese Tatsache hat zweifellos einen historischen Hintergrund.

Erstes Gruppenbild 1895

Erstes Gruppenfoto der Bürgermusikkapelle Mondsee, 1895

 

Im Standardwerk über die Entwicklung des Mondseelandes „Mondsee - 5000 Jahre Geschichte und Kultur“ von Walter Kunze ist nachzulesen, dass Mondsee, wie viele andere Orte Oberösterreichs, eine Bürgergarde besaß, die ursprünglich eine Bürgerwehr war. Bürgerwehren hatten die Aufgabe, einen Ort vor auswärtigen Angreifern zu schützten und innerhalb eines Ortes für Ruhe und Ordnung zu sorgen. In Friedenszeiten rückte die Mondseer Bürgerwehr, bzw. Bürgergarde bei Festen des Marktes Mondsee aus. Dieser Bürgerwehr gehörten 1806 an: ein Obrist, ein Adjutant, zwei Hauptleute, drei Leutnants, ein Fähnrich, ein Feldwebel, acht Korporäle, sechs Spielleute und 52 Mann. Als Uniform trugen sie einen kurzen Rock aus grünem Tuch mit roten Aufschlägen, eine rote Weste, schwarze Hose, weiße Strümpfe und Schuhe. Der Hut war mit einem M versehen. Bewaffnet waren sie mit einer Flinte mit Bajonett und einer Patronentasche mit weißem Riemenzeug. Das lässt den Schluss zu, dass die Bürgermusikkapelle im Prinzip heute noch die Uniform der Mondseer Bürgerwehr trägt. Wann die Bürgerwehr ins Leben gerufen wurde, ist nicht bekannt. Überliefert ist aber, dass bereits 1701 im Spanischen Erbfolgekrieg „Mondseer Schützen“ zu Schanzarbeiten zwischen Straßwalchen und Frankenmarkt als Wachen eingesetzt wurden. Ob diese „Mondseer Schützen“ bereits Spielleute in ihren Reihen hatten ist nicht bekannt, dennoch kann man sie als die Urahnen der Bürgermusikkapelle Mondsee bezeichnen.

Am Marktplatz 1958

Erstes Farbfoto: 1958 am Mondseer Markplatz

 

Mehr Talent zum Musizieren als zum Schießen...

...hatte die Mondseer Bürgerwehr offenbar schon immer. Der heroische, aber sinnlose Kampf bis zum letzten Mann war ihre Sache nicht, wie aus einer Anekdote aus dem Jahr 1805 hervorgeht. Dazu muss man wissen, dass das Mondseeland in der Zeit der Napoleonischen Kriege dreimal (1800, 1805 und 1809) Durchzugsgebiet der französischen Armee war und unter französischer Besatzung zu leiden hatte. Im Jahr 1805 hat die Mondseer Bürgerwehr wohl messerscharf erkannt, dass gegen die geballte Militärmacht der Franzosen und der mit ihnen verbündeten Bayern ein bewaffneter Kampf aussichtslos wäre. Und so haben die Spielleute der Mondseer Bürgerwehr – so die Legende - den anrückenden Soldaten am Ortseingang ein Ständchen gespielt. Vielleicht nicht gerade patriotisch, aber sinnvoll, man wollte die Besatzungssoldaten einfach nur freundlich stimmen.

Kein guter Rat eines Hofrates

Dass die Bürgermusikkapelle heute noch in ihrer geschichtsträchtigen grün-schwarzen Uniform ausrückt, ist übrigens unseren ehemaligen Musikkameraden zu verdanken, die sich anlässlich einer Neuuniformierung Anfang der 60er-Jahre beharrlich weigerten, braune Uniformröcke zu akzeptieren. Und das entgegen des dringenden Rates eines ehrwürdigen Hofrates der Kulturabteilung des Landes OÖ und um den Preis finanzieller Nachteile.

Gruppenbild 1963

Gruppenfoto Bürgermusikkapelle Mondsee 1963

 

Die Gründerväter als Bürger einer Großmacht

Das offizielle Gründungsjahr der Bürgermusikkapelle 1848 war in der Geschichte Österreichs kein ruhiges Jahr. Kaiser Franz Josef I. bestieg im Alter von 18 Jahren den Thron der Donaumonarchie. Im März brach in Wien die Revolution aus, die schließlich zum Sturz von Staatskanzler Metternich führte. Überall im Vielvölkerstaat regten sich liberale und nationalstaatliche Bewegungen, die teilweise brutal unterdrückt wurden. Die Gründerväter der Bürgermusikkapelle Mondsee waren Bürger einer europäischen Großmacht, deren Grenzen von Bregenz bis nach Czernowitz in der heutigen Ukraine, von Ragusa, dem heutigen Dubrovnik an der dalmatinischen Küste bis nach Reichenberg in Nordböhmen reichten. Das Staatsgebiet des Kaiserreiches war etwa achtmal so groß wie das unseres heutigen Österreichs.

Mehr als eineinhalb Jahrhunderte sind seither vergangen und die Bürgermusikkapelle hat den I. Weltkrieg, den Zerfall der Monarchie, die von wirtschaftlicher Not und politischer Instabilität gekennzeichnete Zwischenkriegszeit - in der die Bürgermusikkapelle knapp vor ihrer Auflösung stand - den II. Weltkrieg, aus dem sechs Bürgermusiker nicht mehr heimkehrten, und die harte Zeit des Wiederaufbaus überstanden.

Trachtenverbandsfest 1968

Marschmusik beim Trachtenverbandsfest Mondsee 1968

 

Zeitlose Werte

„Die Musik ist eine Welt, die das Herz veredelt und den Geist erhellt“ - mit diesem schönen Satz beginnen 1881 die schriftlichen Aufzeichnungen der Bürgermusikkapelle Mondsee. Der Zweck des Vereines - dokumentiert in den ältesten vorhandenen und behördlich genehmigten Statuten vom 21. Juni 1892 - galt wörtlich zitiert „der Pflege der Harmonie-Musik und der Heranbildung von jungen Kräften, auf daß dem Markte Mondsee eine dauernde Musik-Capelle gesichert ist“.

Statuten

Auszug aus den Statuten der Bürgermusikkapelle Mondsee

Diesen Ur-Statuten fühlt sich der Klangkörper heute noch genauso verpflichtet wie vor fast 130 Jahren. Akustisches und optisches Aushängeschild des Mondseelandes zu sein und ein Verein, in dem Jugendliche die Erfahrung machen können, dass es nichts mit Drill und kritiklosem Befehlsempfängertum zu tun hat, wenn man sich freiwillig an gewisse Regeln und Normen hält, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen, sind die vorrangigen Aufgaben der Bürgermusikkapelle Mondsee.

Konzert in Linz 2007

Bürgermusik Mondsee heute: Konzert im Palais Kaufmännischer Verein Linz 2007

Recherche und Text: Michael Loindl